Mittwoch, 19. Dezember 2012

Das Begleitstimmen-Dilemma


"Wo ist die dritte und vierte Begleitstimme, die ich in meinem Trommelkurs gelernt habe?"
"Im Rhythmus X fehlt die Begleitstimme Y!"

Solche Aussagen höre ich gelegentlich.

Was die Anzahl der Begleitstimmen zu einem traditionellen westafrikanischen Rhythmus betrifft, gibt es gegensätzliche Meinungen.

Außerhalb von Westafrika kann man eine enorme Kreativität beim Erfinden von Begleitstimmen beobachten. Klarer Spitzenreiter in dieser Disziplin ist der Rhythmus Kuku, für den ich mittlerweile 12 unterschiedliche Begleitstimmen kennen gelernt habe. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es klingen würde, wenn man diese 12 Stimmen in einer Trommelgruppe alle gleichzeitig spielen würde.


Wenn man sich Originalaufnahmen aus Guinea und Mali anhört, findet man dagegen selten mehr als zwei Djembé-Begleitstimmen. Wie kommt es, daß in Europa und anderswo viel mehr Begleitstimmen verwendet werden, als im Ursprungsland der Djembé?

Das hängt wohl damit zusammen, daß es in Trommelgruppen, Trommelkursen und Workshops im Gegensatz zu Solisten und Dunun-Spielern immer einen Überschuss an Begleitdjembé-Trommlern gibt, die erstens gerne Djembe spielen und zweitens etwas neues lernen wollen: "Ich will nicht schon wieder die Begleitstimme spielen, die ich gestern und letzte Woche gespielt habe". Was liegt also näher, als den Kursteilnehmern neue Begleitstimmen zu offerieren?

Wenn man sich die zusätzlichen Stimmen näher anschaut, dann stellt man fest, daß in den meisten Fällen einfache Solophrasen in Begleitstimmen umgewandelt wurden. Ein Beispiel ist diese mittlerweile in Europa sehr populäre Begleitstimme zum Soliba/Balakulania, die in der traditionellen Musik schlicht nicht existiert. Dort gibt es diese Phrase nur als Bestandteil eines Solos:


Man kann das Spielen solcher Begleitstimmen als Vorübung zum Solospiel betrachten. Man muss dabei aber wissen, das diese Stimmen nicht zu einem traditionellen Rhythmus gehören. Ein großer Nachteil solcher frei erfundenen Begleitungen: der Rhythmus wird überdeckt, verliert seinen typischen Charakter und ist im schlimsten Fall kaum noch wieder zu erkennen.

Wie soll man mit aufkommender Langeweile beim Spiel von Begleitstimmen umgehen?  Vor allem sollte man wissen: es ist eine große Kunst, die wenigen Begleitstimmen, die es in traditionellen Rhythmen der Malinke gibt, gut zu spielen. Wer Klang, Timing, Microtiming und Dynamik der Begleitstimmen so beherrscht, daß er jederzeit den Solisten optimal unterstützen kann, ist ein gefragter Musiker.

Solange man als Lernender nicht den Schritt wagt, sich die Fähigkeit zum Solospiel zu erarbeiten, hat man drei Möglichkeiten:

  1. sich statt mit der Begleitdjembé intensiv mit Sangban, Dununba und Kenkeni befassen.
  2. Begleitstimmen spielen, die es zwar im Original nicht gibt, die aber Abwechslung in das Begleitstimmen-Einerlei bringen.
  3. Freude haben am Spiel der wenigen traditionellen Begleitungen und diese Stimmen perfektionieren. 

In Djembé Studio liegt der Fokus auf dem Solospiel. Deshalb werden hier neben den Solophrasen und Dunun-Stimmen bisher meist (ich war nicht immer konsequent) nur die traditionellen Djembé Begleitstimmen aufgeführt.

Es wäre natürlich möglich, zusätzliche Begleitstimmen in Djembé Studio als Übungen in die Workshops einzufügen. Was haltet Ihr davon? Sinnvoll oder nicht?

3 Kommentare:

  1. ich halte das NICHT für sinnvoll. Ich habe meine ersten sehr einfachen Soli in der dritten Unterrichtsstunde gelernt. Auch wenn man dann Tones und Slaps noch nicht differenziert spielen kann, empfand ich es als motivierende Herausforderung mich den etwas komplexeren Solo-Rhythmen zu stellen. Ich möchte dich daher ermutigen den bisherigen Weg von DST beizubehalten und sich weitgehend auf die traditionellen Begleitstimmen zu beschränken.

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  2. Nein, bleib weiterhin konsequent und führe keine zusätzlichen Begleitstimmen ein. Die Rhythmen sind sowieso schon sehr komplex durch das Zusammenspiel der drei Basstrommeln. Und um richtig Solo spielen zu können, ist es notwendig die Basstrommelmelodie zu verstehen. Am schnellsten erfasst man diese wenn man eben die einfachen Stimmen im Ensemble spielt, die man aber auch sicher beherrscht. (Beat)-Kenkeni-Spielen z.B. kann unheimlich viel Spaß machen, auch wenn viele es erstmal langweilig finden, aber von da versteht man den Rhythmus am ehesten.

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  3. Ich bin wirklich froh, dass ihr das genau so seht...

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